Muskeldysmorphie

Selbstwahrnehmungsstörung

Gestählte Muskeln, Top-Aussehen, Erfolg bei der Partnersuche – und trotzdem unglücklich und unzufrieden mit dem eigenen Erscheinungsbild – das ist kurz beschrieben, was eine Muskeldysmorphie ausmacht.

Muskelsucht – eine Störung in der Selbstwahrnehmung

Bei einer Muskeldysmorphie oder Muskelsucht handelt es sich – ähnlich der Magersucht – um eine Selbstwahrnehmungsstörung. Die Ausprägung ihrer Muskulatur wird von Betroffenen als unzureichend wahrgenommen, selbst dann, wenn sie überdurchschnittlich trainiert sind.

Männer schauen mit Neid und Bewunderung auf den durchtrainierten Körper – nur der Träger selbst glaubt, dass er schmächtig ist.

Die Muskelsucht wird überwiegend bei Männern beobachtet. Der Psychologe Roberto Olivardia beschreibt folgende Gemeinsamkeiten bei Menschen mit einer Muskelsucht:

  • Sie leiden häufig unter einem schwach ausgeprägten Selbstwertgefühl.
  • Sie sind mit dem Erscheinungsbild ihres Körpers unzufrieden.
  • Sie haben einen pedantischen Hang zum Perfektionismus.
  • Sie haben gegebenenfalls eine problematische oder gar keine Beziehung zu ihrem Vater.

Die genauen körperlichen und psychischen Ursachen dieser erst in den 1990er Jahren durch Prof. Dr. Harrison Pope benannten Krankheit sind weitgehend unerforscht. Sie tritt vor allem bei Kraftsportlern und Bodybuildern auf. Eine Muskelsucht wird häufig von Symptomen begleitet, wie sie auch bei einer depressiven Verstimmung auftreten.

Symptome: Wie kann man eine Muskeldysmorphie erkennen?

Bodybuilder
Hartes Training: Jeden Tag trainieren Betroffene über mehrere Stunden ihre Muskeln.
Bild: MRBIG_Photography Getty Images Signature (Canva)

Hauptcharakteristik einer Muskelsucht ist die Fehleinschätzung der Betroffenen, über keinen ausreichend trainierten Körper zu verfügen. Sie sind extrem unzufrieden mit ihrem Äußeren und trainieren zwanghaft mehrere Stunden am Tag. Deshalb nennen Mediziner:innen die Erkrankung auch scherzhaft den Adonis-Komplex.

Es zeigt sich insgesamt folgendes Bild:

  • Betroffene investieren so viel Zeit ins Training, dass sie ihr Privat- und ihr Berufsleben vernachlässigen. Mitunter geben sie ihren Job auf. Letztendlich verbringen sie mehr Zeit im Fitnessstudio als an jedem anderen Ort.
  • Sie ernähren sich einseitig, haben Essstörungen und nehmen Muskelaufbaupräparate ein. Trotz regelmäßiger Essanfälle verlieren sie an Körpergewicht.
  • Sie überfordern ihren Körper unentwegt, haben oft Verletzungen und Entzündungen.
  • Sie messen den Umfang ihrer Muskulatur, kontrollieren ihr Äußeres häufig vor dem Spiegel und wiegen sich auffällig oft.
  • Sie vermeiden es jedoch, dass andere ihren Körper sehen. Sie halten ihn selbst für zu schmächtig und tragen deshalb oft mehrere Kleidungsstücke übereinander.

Durch die Einnahme von Anabolika kommt es bei den Betroffenen außerdem zu:

  • Herz-Kreislauf-Beschwerden
  • Herz- und Leberschäden
  • Muskelkrämpfe
  • Unfruchtbarkeit
  • Kopfschmerzen
  • kognitive Beeinträchtigungen
  • Veränderungen der Stimmungslage
  • Aggressivität
  • Akne

Weil Muskelsüchtige unter einer fehlgeleiteten Wahrnehmung ihres Körpers leiden, besteht ein erhöhtes Risiko, an einer Depression zu erkranken beziehungsweise Minderwertigkeitskomplexe oder eine Sozialphobie zu entwickeln.

Gefahren: Welche Komplikationen entstehen bei einer Muskelsucht?

Für den Betroffenen ist ein normales und genussvolles Leben nicht möglich. Doch die Folgen des Adonis-Komplex sind weitgreifender. Es entstehen körperliche und psychische Schäden. Der exzessive Sport ohne Regenerationsphasen führt zu einer höheren Verletzungsanfälligkeit. Die permanente Überanstrengung führt außerdem zu einer Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Die Leistungsfähigkeit des Immunsystems sinkt, insbesondere auch durch Mangelernährung. Zum einen benötigen die betroffenen Sporttreibenden mehr Nährstoffe, zum anderen nehmen sie durch die einseitige auf Muskelaufbau abgestimmte Ernährung nicht alle Vitalstoffe in ausreichenden Mengen auf. Langfristig zeigen sich daher nahrungsbedingte Mangelerscheinungen.

Durch die Einnahme von Anabolika kommt es wie oben aufgelistet zu weiteren gesundheitlichen Problemen. Die Medikamente unterdrücken die Spermienproduktion. Der Betroffene leidet unter Impotenz. Außerdem wirken sie sich negativ auf das Herz-Kreislauf-System aus. Denn nicht nur der Bizeps wächst durch die Einnahme von Anabolika, sondern auch der Herzmuskel. Wird das Herz jedoch zu groß, arbeitet es nicht mehr richtig. Es kommt zu Herzrhythmusstörungen und Wassereinlagerungen. Steroide führen in eine Abhängigkeit.

Muskelsucht

Faktoren, die zu Muskelsucht führen: Welche Ursachen liegen zugrunde?

Die Ursachen der Muskeldysmorphie sind nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch einige psychische Faktoren, die im Zusammenspiel zu einer Muskelsucht führen können:

  • Betroffene leiden häufig unter einer Depression und haben eine Neigung zu Selbstmordgedanken.
  • Sie wurden als Kind Opfer von Beleidigungen und Schikanen durch Gleichaltrige.
  • Erkrankte sind emotional instabil. Aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen leiden sie an einem verminderten Selbstwertgefühl. Sie haben Angst vor sozialer Zurückweisung, fühlen sich unsicher und minderwertig.
  • Ihnen wird durch Werbung, Film und anderen Medien gezeigt, wie erfolgreiche Menschen auszusehen haben. Sie vergleichen sich mit anderen.
  • sind perfektionistisch veranlagt, wollen andere beeindrucken.
  • Die an Muskeldysmorphie leidenden Männer und Frauen werden durch die Umwelt in ihrem Tun bestärkt. Andere schenken ihnen Anerkennung und Respekt, finden sie attraktiv.
  • Betroffene gewinnen Bodybuilder-Wettbewerbe.
  • Männer möchten dem traditionellen Rollenbild des Beschützers entsprechen. Nach außen zeigen sie sich stets stark und betonen Männlichkeitsmerkmale.

Therapie: Wie behandelt man eine Muskeldysmorphie?

Wer unter einer Muskelsucht leidet, kann diese in der Regel nicht selbst erkennen. Deshalb bedarf es der gesicherten Diagnose durch psychologisches Personal. Doch Voraussetzung für eine entsprechende Therapie ist Erkenntnis. Betroffene benötigen Einsicht, dass ihr Verhalten problematisch ist.

Wenn eine Muskeldysmorphie lebensbedrohliche Formen annimmt, sollte eine stationäre Behandlung in Betracht gezogen werden.

Kognitive Verhaltenstherapie

Da es sich bei der Muskelsucht um eine Wahrnehmungsstörung handelt, behandeln Fachkräfte diese mithilfe einer kognitiven Verhaltenstherapie. Bei dieser versucht das therapeutische Personal gemeinsam mit ihren Patient:innen, die der Muskelsucht zugrundeliegenden Denkmuster zu entschlüsseln. Sind diese identifiziert und verstanden worden, werden sie im weiteren Verlauf der Therapie korrigiert. Sobald das erfolgt ist, wird das Verhalten der Betroffenen verändert.

Medikamentöse Therapie

Johanniskraut
Johanniskraut hat eine beruhigende Wirkung. Bei einer leichten depressiven Verstimmung ist die Arzneipflanze Mittel der Wahl.

Bei der Behandlung dieses Krankheitsbilds setzt das medizinische Personal Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) ein. Diese Präparate unterbinden, dass der Botenstoff Serotonin wieder in die Nervenzelle aufgenommen wird. Es liegt also mehr Serotonin zur Übertragung von Nervensignalen vor. Das beeinflusst eine Depression im positivem Sinne.

Ferner stehen Betroffenen pflanzliche Arzneimittel zur Verfügung:

  • Johanniskraut hat eine beruhigende Wirkung. Es ist in vielen pflanzlichen Präparaten enthalten und meist in Form von Tabletten erhältlich. Daneben können Betroffene das getrocknete Kraut als Teeaufguss genießen.
  • Rosenwurz-Extrakt hilft bei kurzfristig typischen Stress-Symptomen wie Erschöpfung.
  • Passionsblume hingegen ist bei nervösen Unruhezuständen angeraten.

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Stand vom: 16.01.2023

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